Behandlungsmöglichkeiten
Behandlungsangebot im Jüdischen Krankenhaus Berlin
Eine Abhängigkeitserkrankung ist eine chronische Krankheit, in der zwischen Akuttherapie (z. B. Intoxikations- oder Entzugsbehandlung) und Postakutbehandlung (Synonym: „Langzeitbehandlung“) unterschieden wird. Im Jüdischen Krankenhaus bieten wir die Akutbehandlung (sogenannter „Qualifizierter Entzug“) an. Wir führen einen Entzug von allen Substanzen durch, wie z.B. Alkohol, Cannabis, Kokain, Opiate, Amphetamine, Benzodiazepine, Halluzinogen oder synthetische Mischdrogen. Bei dem bisher seltenen, aber immer häufiger auftretenden GBL oder GHB besitzen wir eine besondere Expertise und Erfahrung. Aber auch nicht stoffgebundene Süchte wie Spiel- oder Internetsucht gehören zu unserem Gebiet.
Darüber hinaus haben Sie die Möglichkeit über unsere Psychiatrische Institutsambulanz nachstationär behandelt zu werden, ggf. findet auch eine Anbindung an unsere Ambulanz statt.
Behandlung
Qualifizierte Entgiftungsbehandlung
Die qualifizierte Entgiftungsbehandlung im Jüdischen Krankenhaus Berlin dauert 12 bis 21 Tage. Sie umfasst den körperlichen Entzug, die psychiatrische und psychologische Diagnostik, ein psychotherapeutisches Gruppenprogramm, sowie die Erstellung eines Nachsorgekonzeptes unter Einbeziehung der individuellen sozialen Situation der/s Betroffenen.
Körperlicher Entzug
Am Anfang des qualifizierten Entzuges stehen die Erhebung der Krankengeschichte und die Diagnosestellung. Zur Abklärung eventueller Begleiterkrankungen (wie z. B. einer Fettleber) erfolgt eine ausführliche körperliche Untersuchung und bei Bedarf weiterführende Diagnostik. Der Entzug beginnt dann mit Absetzen des Suchtmittels. Dabei können Entzugssymptome auftreten, die medikamentös behandelt werden müssen, damit die Beschwerden in Grenzen gehalten werden. Die Entzugssymptomatik dauert üblicherweise einige Tage, in Ausnahmefällen länger.
Beikonsum und Substitution
Auch ein Beikonsumentzug bei bestehender Substitution ist möglich. In diesem Falle erhalten Sie ihr Substitut auf der Station (am Aufnahmetag sollte das Substitut jedoch noch von Ihrem substituierenden Arzt ausgegeben werden).
Auch die Beendigung einer Substitutionstherapie ist nach beikonsumfreiem Intervall möglich (zweiphasige Entgiftung: erst Beikonsumentgiftung, dann Entlassung und Wiederaufnahme zum Substitutentzug nach beikonsumfreiem Intervall von mindestens 3 Wochen). Haben Sie bereits einen Termin für die Langzeittherapie und können nahtlos nach der Entgiftung damit beginnen, so kann auch eine Beendigung der Substitution bei bestehendem Beikonsum stattfinden. Details werden mit ihrer Substitutionspraxis abgesprochen.
Therapeutisches Gruppenprogramm
Im Anschluss an den körperlichen Entzug beginnt das therapeutische Programm, das aus Gruppenpsychotherapie, Informationsvermittlung durch Psychoedukation und sozialer Beratung besteht. Ziel dieser von Psychologen und Ärzten geleiteten psychotherapeutischen Gruppen ist es, die biologischen und psychologischen Mechanismen von Suchterkrankungen sowie die persönliche Krankheitsentwicklung zu verstehen. Ziel ist es, die Motivation zu Abstinenz zu festigen, Bewältigungsstrategien zum Umgang mit der Krankheit und deren Folgen zu erlernen und ein persönliches Nachsorgekonzept zu entwickeln.
Viele Patienten sind sich bei Antritt der Therapie noch nicht sicher, ob sie ihr Verhalten als „süchtig einschätzen“ würden. Im Rahmen der Therapien sollen die Patienten ihren eigenen Konsum einschätzen lernen und Klarheit darüber erlangen, wie sie in Zukunft mit ihrer Suchterkrankung umgehen möchten. Hierzu erstellen unsere Patienten eine Übersicht ihrer Suchtgeschichte und diskutieren diese in den suchtbezogenen Gruppen mit Mitpatienten und Therapeuten.
Für Patienten, die mit besonders starkem Suchtdruck, Anspannungszuständen, geringer Frustrationstoleranz, impulsivem Verhalten etc. zu tun haben, bieten wir eine Skills-Gruppe an. Hier werden Anti-Craving-Kompetenzen, Fertigkeiten zur Regulierung der Impulskontrolle und der Umgang mit schwierigen Gefühlszuständen besprochen und achtsamkeitsbasierte Verfahren eingesetzt.
Psychiatrische und Psychologische Diagnostik
Da Menschen mit Abhängigkeitserkrankungen häufig auch andere psychische Leiden wie z. B. Depressionen, Angsterkrankungen oder psychotische Störungen zeigen, legen wir großen Wert auf eine ausführliche psychiatrische und psychologische Diagnostik. So können wir eine integrative Behandlung anbieten, die weitere psychiatrische Begleiterkrankungen einschließt.
Sozialarbeiterische Unterstützung
Während der Behandlung auf der Entgiftungsstation haben Sie die Möglichkeit soziale Angelegenheiten mit unserer Sozialarbeiterin zu besprechen und ggf. die Weiterbehandlung von hier aus zu organisieren. Diese kann zum Beispiel ambulant, teil- oder vollstationär erfolgen.
Angehörigenarbeit
Die Identifizierung und Lösung sozialer Problemlagen ist sehr wichtig. Da das persönliche Umfeld von Suchterkrankten immer mit betroffen ist, legen wir großen Wert auf die Einbeziehung der Angehörigen, soweit dies gewünscht wird. Sie können im Rahmen Ihres stationären Aufenthaltes ein gemeinsames Gespräch mit einem Angehörigen und Ihrer/m Behandler/in erhalten. Dies leistet aus unserer Sicht einen entscheidenden Beitrag zum Therapieprozess und hilft dabei, problematische Bereiche aufzudecken, ggf. zu klären oder weiterführende Hilfemöglichkeiten zu planen.
Zusätzlich findet einmal wöchentlich am Donnerstag um 16:15 Uhr, im Haus D, Raum 2, eine therapeutisch geleitete Angehörigengruppe statt. Hier können Angehörige Informationen und Hilfestellungen erhalten.
Besuch von Selbsthilfegruppen
Nach Ende der körperlichen Entgiftung und der Diskussion der Suchtgeschichte besuchen unsere Patienten Selbsthilfegruppen außerhalb des Krankenhauses, die sie sich selbstständig aussuchen. Auf diese Weise soll der Kontakt zur Selbsthilfe erleichtert und die nachstationäre Zeit vorbereitet werden. Wir halten den Besuch von Selbsthilfegruppen für sehr hilfreich bei der Aufrechterhaltung einer dauerhaften Abstinenz. Deshalb arbeiten wir eng mit den Vertretern verschiedener Selbsthilfegruppen zusammen. Sie erhalten im Laufe Ihres Aufenthaltes Informationen über verschiedene Angebote der Selbsthilfe und institutioneller Hilfe.
Nachsorge
Zur Gewährleistung eines reibungslosen Übergangs besteht nach der Entlassung aus unserer Klinik die Möglichkeit einer nachstationären Behandlung in unserer Ambulanz. Diese erfolgt in therapeutisch geleiteten Gruppen, die Sie zwei Wochen lang besuchen können.
Aufnahmeprocedere
Wenn Sie sich für eine Behandlung in unserer Suchtmedizinischen Abteilung interessieren, bitten wir Sie, in unserer Ambulanz ein Vorgespräch zu vereinbaren, in welchem wir Sie individuell beraten können. Wir benötigen hierfür nur eine Einweisung vom Hausarzt. Gegebenenfalls vereinbaren Sie in diesem Zusammenhang einen Aufnahmetermin zur stationären Entgiftung. Bitte kontaktieren Sie hierzu unsere Psychiatrische Institutsambulanz.