Tiefe Beinvenenthrombose | Jüdisches Krankenhaus Berlin
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Tiefe Beinvenenthrombose (TVT, Phlebothrombose)

Der Begriff Thrombus (griechisch Thrombos) bedeutet Klumpen und bezeichnet die mechanische Verstopfung eines Blutgefäßes durch ein Blutgerinnsel. Bei der tiefen Beinvenenthrombose handelt es sich um die Verstopfung einer Beinvene des tiefen Venensystems. Der Verschluss führt in der Folge zu Abflussstörungen und Rückstauphänomenen, die das Beschwerdebild einer Beinvenenthrombose bestimmen. Wenn sich solch ein Gerinnsel löst und mit dem herzwärts gerichteten Blutstrom in die Lungenstrombahn geschwemmt wird, kann als Komplikation eine Lungenembolie mit einer akuten oder auch chronischen Belastungsreaktion des Herz-Kreislaufsystems entstehen.

Es gibt zahlreiche Risikofaktoren für Venenerkrankungen. Neben einer vererbten Veranlagung mit krankhafter Gerinnungsneigung (sog. Disposition durch zum Beispiel eine „Thrombophilie“) zählen unfallbedingte Verletzungen mit Operation und Ruhigstellung (Gips, Schienung) zu den häufigen Auslösern einer Thrombose. Weiterhin gehören insbesondere auch orthopädische, neurochirurgische und gynäkologische Operationen (z. B. Hüft- und Kniegelenksersatz) zu den Hochrisikosituationen. Zusätzlich können Bettruhe (Immobilisation) und internistische Erkrankungen Thrombosen auslösen (Herzschwäche, schwere Infektionen wie Lungenentzündung und Krebserkrankungen). Ferner wirken sich Bewegungsmangel und manche Körperpositionen auch ungünstig aus (Langstreckenflüge, langes Sitzen im Büro). Außerdem ist bei Frauen, die die Antibabypille einnehmen, das Thromboserisiko erhöht.

Falls mehrere dieser Risikofaktoren auf Sie zutreffen sollten, können Sie weiter unten einiges über hilfreiche Tipps zur Vorbeugung nachlesen.

Nach dem Berliner Pathologen Rudolf Virchow existieren drei Entstehungsmechanismen einer Thrombose, die oft zusammenwirken (Virchowsche Trias):

  1. ein gestörter Blutfluss mit verlangsamter Fließgeschwindigkeit (Krampfadern, Abflussstörungen beim postthrombotischen Syndrom, Immobilisation / Bettruhe
  2. )Veränderungen der Veneninnenwand (geschädigte Venenklappen nach Thrombosen oder nach Venenentzündungen)
  3. eine erhöhte Blutgerinnungsneigung (angeborene Gerinnungsdefekte, „Thrombophilie“)

Je nach Lokalisation der Beinvenenthrombose treten die Beschwerden eher im Unterschenkel oder in Ober- und Unterschenkel auf. Die klassischen Symptome sind Spannungsgefühl in Wade oder Oberschenkel bis hin zu starken Schmerzen, die sich besonders auch durch Druck auf die Wade auslösen lassen. Damit einher gehen meist eine Rötung und Schwellung von Fuß, Unter- oder auch Oberschenkel. Im Gegensatz zur kalten Extremität bei arteriellen Durchblutungsstörungen ist das Bein in der betroffenen Region meist überwärmt.

Diagnose und Therapie der Beinvenenthrombose können prinzipiell ambulant in der Arztpraxis oder auch im Krankenhaus in Notaufnahme / Rettungsstelle erfolgen. Der Durch die Laboruntersuchung des Blutes kann eine größere Thrombose oder Lungenembolie mit relativ großer Sicherheit erkannt werden. Die entscheidende diagnostische Aussage, ob eine tiefe Venenthrombose (TVT) vorliegt, liefert jedoch die Ultraschalluntersuchung (Kompressionssonographie und Farbduplexsonographie).

Eine gefürchtete Komplikation ist die „Lungenembolie“

Kommt eine Lungenembolie komplizierend hinzu, können zusätzlich Brustschmerzen,  Luftnot und Herzrasen auftreten. Je nach Ausmaß und zeitlichem Verlauf reicht die Skala der Symptome von Beschwerdefreiheit über Luftnot nur bei Belastung bis hin zu starker Luftnot auch in Ruhe. Sogar Kreislaufschock und Tod können eintreten, wenn nicht rechtzeitig ein Arzt aufgesucht wird, der zügig die Diagnose stellt und eine rasche und wirksame Therapie einleitet.

Die Diagnosesicherung erfolgt mittels Computertomographie, die die Verstopfung der Lungenarterien durch ein Gerinnsel sichtbar macht. Therapeutisch erhalten alle Patienten eine konsequente Blutverdünnung mit Heparinen, meist den moderneren „niedermolekularen Heparinen“ (Antikoagulation) oder auch mit neueren Substanzen, die oral als Tabletten eingenommen werden können. Bei schwergradigen Lungenembolien kann eine intravenöse Medikamentengabe sinnvoll sein, die eine effektivere Auflösung der Blutgerinnsel herbeiführt („Fibrinolyse“). Diese erfolgt dann unter strenger Überwachung am Monitor auf einer Intensivstation. In seltenen Fällen, die nicht genügend auf eine Lysetherapie ansprechen, kann versucht werden, den Thrombus per Katheter zu zerkleinern und abzusaugen.

Die Behandlung im Jüdischen Krankenhaus ist 24 Stunden an allen Tagen des Jahres über unsere Rettungsstelle möglich. Hier erfolgen nach Abstimmung mit den Angiologen, Radiologen und Gefäßchirurgen unseres Gefäßzentrums eine rasche Diagnose und die sofortige Einleitung der notwendigen Therapie. Alle auf die Behandlung von Blutgefäßen spezialisierten Fachdisziplinen sind permanent einsatzbereit und sämtliche modernen diagnostischen und therapeutischen Verfahren rund um die Uhr verfügbar. Für den Notfall existieren ein neuer Operationssaal und moderne Intensivstationen. Die Weiterbehandlung findet auf der angeschlossenen interdisziplinären Gefäßstation statt, wo die Patienten in täglichen gemeinsamen Visiten versorgt werden.

Die mögliche Langzeitfolge einer akuten Thrombose ist das „Postthrombotische Syndrom“ mit

  • „chronisch-venöser Insuffizienz“ (CVI) und Krampfadern (Varikosis)
  • Entzündung der oberflächlichen Venen (Thrombophlebitis)
  • Unterschenkelgeschwür („offenes Bein“, s. auch Ulcus cruris).

Diese Krankheitsbilder können sämtlich auch primär als eigenständige Venenerkrankungen ohne vorangegangene Beinvenenthrombose auftreten.